Mit den Windjammerfreunden Maintal auf der "Aphrodite" von Kiel nach Klaipeda (Litauen)

27. Juni - 5. Juli 2011

- Reisebericht von Reinhard Zimmer -

Wir trafen alle mit dem gleichen Zug am Nachmittag des 27. Juni in Kiel ein, die Delegation der Windjammerfreunde Maintal mit Reiner an der Spitze, Ute, meine Schwester aus Leipzig, und ich aus Berlin. Es war gleich ein großes Hallo auf dem Bahnhof und wir gingen dann gemeinsam zum Kai gegenüber, wo uns die "Aphrodite" am Stammplatz der "Sedov" sofort ins Auge fiel. Die Crew hatte noch voll zu tun, um die Kojen vorzubereiten, aber für eine erste Begrüßung mit Aent und Ellen sowie Klaus, dem Smutje, und den beiden Bootsleuten Sinja und Bert war Gelegenheit.

Nach der Gepäckübergabe ging es erst mal bei hochsommerlichen Temperaturen zu Toni's Restaurant in der Hafenstraße auf die Dachterrasse, um gemeinsam eine kleine Stärkung und ein kühles Bier zu uns zu nehmen. Danach bummelten wir bis zum Einchecken durch die Stadt, wo die Buden der Kieler Woche noch abgebaut wurden und die letzten Schiffe, wie die "Alex", Richtung Heimathafen oder zum nächsten Törn ausliefen. Nach dem Begrüßungstrunk an Bord machten wir uns miteinander und die Segelneulinge mit dem Schiff etwas vertraut und genossen den herrlichen Sommerabend an Deck. Die Maintaler waren mit einer starken Frauenmannschaft angerückt, die zumeist das erste Mal auf einem Windjammer waren.

Am nächsten Morgen legten wir zeitig ab, um den günstigen Süd-West-Wind zu nutzen. Vorbei an der "Gorch Fock" ging es bei blauem Himmel nach einem kurzen Zwischenstopp in Holtenau raus aus der Kieler Förde Richtung Nord-Ost. Nachdem uns Sinja das Schiff mit seinen Segeln und Tampen erklärt hatte, wurden die Segel gesetzt und die ersten praktischen Erfahrungen gesammelt. Die acht Frauen packten schnell mit an und sie entwickelten sich mit der Zeit zu einem richtigen Frauen-Power-Team. So erreichten wir gegen Abend die kleine dänische Insel Vejrö, wo wir in dem Segelhafen anlegten. Die herrliche sommerliche Abendstimmung veranlasste uns zu einem Erkundungstrip auf der an Seevögeln und Wildtieren reichen Insel mit der Hoffnung, einen schönen Sonnenuntergang zu erleben.

Die Rehe beobachteten uns skeptisch aber nicht scheu, wogegen die Seeschwalben am Strand einige von uns attackierten. Der Sonnenuntergang war dann auch sehr fotogen.

Nach einem ausgiebigen Frühstück, das Klaus wie gewohnt bestens vorbereitet hatte, ging es mit Maschine weiter durch den Storström. Der Wind hatte leider gedreht und kam stärker aus Ost. Unter der imposanten Storström- und der modernen Farö-Brücke durch, die unseren 23 m hohen Mastspitzen nicht viel Luft ließen, erreichten wir dann die gewaltigen Kreidefelsen der Insel Mön.

Wer eine Kamera dabei hatte, machte Fotos von dem beeindruckenden Naturwunder.

Mit gesetzten Stagsegeln und Motorunterstützung ging es dann auf Nord-Ost-Kurs in Richtung Trelleborg. Bei herrlicher Abendstimmung ließen wir an Deck den Tag ausklingen. Gegen 22:00 Uhr erreichten wir unser Ziel und nach dem Anlegen im Trelleborger Hafen müde unsere Kojen. Die Nachtruhe wurde gegen 3:00 Uhr jäh unterbrochen, als offensichtlich angetrunkene Jugendliche auf dem Platz vor unserem Schiff mit einem sicher gestohlenen BMW Rallye-Runden bis zum Crash fuhren. Nach 15 Min. war der Spuk vorbei, als sich Bert an Deck blicken ließ und mit der Polizei drohte.

Unser nächstes Ziel war Bornholm, das wir nach einem schönen Segeltag von Nord-Ost her anliefen. Aent steuerte auf Gudhjem zu, einem verträumten Fischerort, der heute ein beliebtes Urlaubsziel für die Dänen ist. Wir wurden im Hafen von zahlreichen Urlaubern mit Bewunderung und Interesse empfangen. Das ging dann sogar soweit, dass ein etwas angetrunkener junger Mann unbedingt die Wanten erklimmen wollte, was Aent nach dem dritten Versuch nur noch mit Hilfe der Polizei verhindern konnte. Nach einem kurzen Abendspaziergang hoch zur schön restaurierten Windmühle, ließen wir uns bei Livemusik auf einer Kneipenterasse am Hafen das dänische Bier schmecken.

Das Ablegen am nächsten Tag war für Mittag geplant, so dass wir noch Gelegenheit hatten, den romantischen Ort bei herrlichem Wetter mit seinem alten Fischerhafen und den felsigen Klippen zu erforschen. Unter den sehnsüchtigen Blicken vieler Schaulustiger legten wir dann ab und segelten in Richtung Polen. Schon bald trübte sich der Himmel ein und die ersten Regentropfen fielen. Wir hatten ja nun auch eine längere Fahrt über Nacht bis zur polnischen Küste zu bewältigen. Die Nachtwachen wurden eingeteilt, was Alexfahrer ja kennen, aber für die meisten Maintaler neu war. Die Nacht hatte es dann aber auch in sich. Der Regen und der Wind nahmen zu, man wurde an Deck von oben und unten nass. Wir erreichten Windstärke 7 und hohen Wellengang, die Sicht war gleich null. Auch Hartgesottene hat dabei die Seekrankheit erwischt.

Am Morgen erreichten wir dann müde und erschöpft den größten Fischereihafen Polens in Wladyslawowo, nördlich der Danziger Bucht.

In unserem vorletzten Etappenziel blieben wir bis zum nächsten Morgen. Wir hatten somit Gelegenheit uns für die folgende Nachtfahrt auszuruhen und den Badeort sowie die landschaftlich reizvolle Gegend mit der 34 km langen Putziger Nehrung zwischen Ostsee und Danziger Bucht und den breiten Sandstränden an der Küste zu erkunden. Auch konnten wir das Treiben beim Hafenfest und das Auslaufen der Hochseeangler beobachten. Leider war das Wetter trübe, kühl und windig, wodurch ein Bad in der Ostsee keinen Spaß machte.

Der nächste Tag erwartete uns wieder mit heftigem kühlen Wind, aber leider aus Osten, wohin ja unsere letzte Fahrt gehen sollte. Wir versuchten aber doch die Maschine mit den Schratsegeln so gut wie möglich zu unterstützen und uns damit in aktiver Betätigung zu halten. Bald lockerten die Wolken auf und die Sonne kam durch. Die Nachtfahrt verlief vergleichsweise ruhig. Ich hatte die Gelegenheit bei meiner Wache einen herrlichen Sonnenaufgang zwischen Meer und wolkenverhangenem Himmel zu erleben.

Gegen 8:00 Uhr fuhren wir in den Hafen von Klaipeda (Memel) ein, dem wichtigen Tor für Litauen nach dem Westen, aber auch für Weißrussland. Wir machten Klarschiff und bereiteten uns auf den Landgang vor. Unser Liegeplatz war im historischen Hafen in der Nähe der Altstadt und der ehemaligen Festung. Reiner organisierte mit dem Tourismusbüro für uns eine Stadtführung, bei der wir Interessantes über die wechselvolle Geschichte der im Krieg stark zerstörten und zum Teil wieder aufgebauten Stadt erfuhren. Am Theaterplatz mit dem Denkmal der "Ännchen von Tharau" endete unser Rundgang, den wir anschließend mit einem guten litauischen Bier abrundeten.

Am nächsten Tag, dem 5. Juli, hieß es Abschied nehmen und die Heimreise per Fähre oder Flugzeug antreten. Wir waren uns alle einig, dass wir einen tollen, abwechslungsreichen und interessanten Törn bei aktiver Erholung erlebt hatten, der von Aent und Ellen und ihrer Crew wieder mal hervorragend organisiert wurde. Mein Dank gilt auch Reiner und allen Maintalern, die Ute und mich bestens aufgenommen haben, als gehörten wir schon immer dazu.

P.S. Ich habe noch ein paar Tage in Klaipeda drangehangen, um die kurische Nehrung und die Küstenlandschaft bis Palanga mit dem Fahrrad zu erkunden. Es hat sich gelohnt und ist empfehlenswert.

Alle Fotos: Reinhard Zimmer

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