Ein Törn auf der Sedov
(von Edinburgh nach Hamburg, Sommer 1999)

           

Seit nunmehr zehn Jahren fahren die Mitglieder unseres im Landkreis Starnberg ansässigen, gemeinnützigen Vereins "Windjammerfreunde München" als Hobbyseemann/-frau auf den größten Windjammern der Welt in Nord- und Ostsee, im Mittelmeer und gelegentlich über den Atlantik. Wir sind auf diesen Großseglern Teil der Besatzung und helfen mit beim Setzen bzw. Bergen der Segel, stehen am Ruder oder auf Ausguck und beteiligen uns an den allgemeinen Bordroutinen. Gerade ist eine größere Gruppe unseres Vereins von einer Reise auf der Welt größtem Windjammer, der Viermastbark „SEDOV“ zurückgekehrt.

Von Edinburgh nach Hamburg ging dieser schöne Törn auf diesem nostalgischen Tiefwassersegler. Die Anreise ging zunächst einmal von München über Hamburg, wo wir mit unseren Bordkameraden aus ganz Deutschland zusammentrafen. Dann weiter nach Edinburgh und direkter Bustransfer bis zur Gangway des Seglers. An Bord erfolgte nach der Begrüßung durch den auf dem Schiff zur Besatzung gehörenden deutschen Verbindungsmann, die Quartiereinweisung. Danach strebten die neuen Trainees (so werden wir an Bord genannt) einer urigen Hafenkneipe entgegen und kosteten dort das herrliche Guiness-Bier. Am Montag dann Auslaufen in Richtung Nordsee. Strahlender Sonnenschein und günstiger Wind begleitete uns in das tiefe Fahrwasser und endlich wurden dann die Segel gesetzt. Maschine Stop und auf ging es vom Wind getrieben einer unglaublich schönen Segelreise entgegen.

     

Die Neulinge unserer Gruppe hielt es nicht unter Deck und so sah man die Trainees über das ganze Schiff verteilt mit seemännischen Arbeiten beschäftigt. Manche übten Knoten, Andere standen gemeinsam mit den russischen Kadetten am riesigen Ruder des Schiffes, den Meisten jedoch stand der Sinn nach Höherem. Die Takelage wurde angepeilt und die ersten Mutigen und vor allem Schwindelfreien wagten den Aufstieg in den 58 m hohen Kreuzmast. Mit zittrigen Knieen wurde zunächst die erste Saling erklommen bevor es ganz Sportliche noch weiter bis zum Topp des Mastes schafften. Von hier oben sah man dann hinunter auf das nun so winzige Deck und auf die Seeleute die von hier wie Ameisen wirkten. Frisch blies der Wind hier oben und machte den Kopf frei für Gefühle der Weite und des offenen Horizontes. Oftmals auf dieser Reise konnte man unsere Freunde nun in den höchsten Höhen der Takelage finden und manch Einer wollte gar nicht wieder an Deck zurück.

Dann am dritten Tag kam Starkwind auf, so dass alle Segel geborgen werden mussten. Mit Maschine ging es nun voll gegen die aus östlicher Richtung wehende steife Brise an. Schließlich machten wir in dem auf 7-8, in Böen 9, Stärken angewachsenen Sturm kaum noch Fahrt und enttäuscht mussten wir schließlich akzeptieren, dass wir an der Einlaufparade der Windjammer zu den Feierlichkeiten des Hamburger Hafengeburtstages, nicht teilnehmen werden können. Die Verspätung war zu groß und nicht mehr einzuholen. Dennoch waren die Stimmung und die Kameradschaft an Bord dieses liebenswerten Windjammers auch zu den Mitgliedern der Stammbesatzung und zu den 70 russischen Kadetten der Marineakademie Murmansk großartig.

     

Nach dem verspäteten Einlaufen in Hamburg machten wir an der berühmten Überseebrücke fest und genossen noch bis zu unserer Rückreise nach München den Trubel auf der bunten Hafenmeile.

Alle unsere Mitsegler werden dieses schöne, maritime Abenteuer so schnell nicht vergessen. Und im nächsten Jahr werden sich die Meisten wieder auf einem der Schiffe die wir lieben wiedersehen, nämlich auf einem Windjammer auf dem Törn von Brest nach Madeira.

Rolf Siebel

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