Reisebericht
von Werner Drews aus Hamburg Auslaufen Wilhelmshaven 10.9.2000
Der Schlepper lag an, die Reise konnte gleich losgehen. Auf
See, den 11.9.2000 Endlich auf See! Gestern Abend sind wir in Wilhelmshaven ausgelaufen. Wilhelmshaven war eine ziemliche Belastung, eine Abschiedsfeier jagte die andere und dann blieb auch noch der Schiffshändler auf der Autobahn stecken, was das Auslaufen verzögerte. Wie sollte es weiter gehen? Um 11:00 Uhr hatten wir Sylt querab. Heute morgen habe ich nur ein Bier getrunken und mir ging es wieder gut. Zum Mittag gab es Buchweizen und das ist nun mal nicht meine Nahrung. Der Anblick dieser Nahrung reichte mir und ich habe sie stehen gelassen. Die Kojenbelegung hatte sich auch geändert, wahrscheinlich hatte ich heute Nacht laut und kräftig geschnarcht. Auf See, den
12.9.2000
Heute sind wir von 13:00 - 16:00 Uhr ohne Segel getrieben. Auf dem Achterdeck wurde kräftig geangelt, es sind sicher einige Kilo zusammen gekommen. Kolja hatte mit einem Hol bis zu vier Makrelen am Haken. Sogar Lachse wurden rausgeholt. Auf dem Achterdeck fing Bootsmann Igor an zu räuchern. Er hatte wohl nicht das richtige Holz dazu aber so werden die Fische auch schmecken. Was soll`s, die Russen improvisieren nun mal gerne.
Auf See, den
13.9.2000
Vor dem Wecken war ich heute morgen schon an Deck und konnte einen sehr schönen Sonnenaufgang erleben. Die Sonne kam blutrot über die Kimm. Die Luft war etwas kalt aber es war wunderschön. Auch hatten wir gestern etwas weniger ins Glas geschaut. Ich saß dann im Lenin-Raum und war mit Berni am Palavern. Berni hat mal bei der Binnenschifffahrt als Schiffsführer gearbeitet und hatte eine Menge zu erzählen. Das habe ich auch mal gemacht und so konnte ich mitreden. Rudi hat mit Heino telefoniert, es ging um seinen Rückflug von Murmansk nach Hamburg. Wir wollen zusammen zurückfliegen. Nachmittag war dann Segelmanöver und seit 13.00 Uhr liefen wir wieder unter Segel. Auf See, den
14.9.2000
Auf See, den 15.9.2000
Zum Frühstück bin ich nicht gegangen, denn bei diesem Essen ist es besser man bleibt in der Koje. Es wird ja auch nichts versäumt. Nur ich hatte jeden Morgen mein Frühstück an der Koje. Einen Morgen gab es Grießbrei und sie hatten Yvonne aufgetragen mir diesen Brei an die Koje zu stellen. Yvonne wusste nicht, dass ich so etwas nicht mag. Ich habe den Teller dann in die Messe mitgenommen und als Luba mich damit sah, lachte sie fürchterlich. Sie kennt mittlerweile mein Problem mit Kascha.
Auf See, den
16.9.2000
War heute morgen schon zeitig aus der Koje, vor dem Wecken, aber da mir noch ein wenig schwindlig war habe ich mich wieder in die Koje fallen lassen. So um halb zehn kam ich dann wieder zu mir und hatte das Frühstück an der Koje. Diesmal hatte Sylvia das Frühstück gebracht. Danke schön! Und Siegbert meinte dazu: "So gut möchte ich es auch mal haben".
Auf See, den
17.9.2000
Wie
schon gesagt, gestern Abend hatten wir die Polarkreisfeier. Es wurde gut immunisiert
gegen Kälte und so. Damit wurde es ein wenig später. Cirka 03:00 Uhr, und Rudi
fand noch immer den Weg auf die Brücke, wegen der Schiffsinformationen. Eisern! Auch Sturmvogel, Berni und Einige von der Besatzung waren mit dabei. Willy durfte sogar seine Pfeife im Lenin-Raum rauchen! Berni war immer noch Wodkafeindlich eingestellt. Er hat es eher mit Rum. Dann ein Frühschoppen mit Cola-Rum! Zum Mittag gab es Hühnchen mit Reis und vorweg eine gute Suppe. Um 14:00 Uhr war eine Führung mit Rudi in die große Bar und ein Rundgang im Museum angemeldet. Rudi machte eine Führung über das Schiff. Und in der Bar wurde dann mit Sekt angestoßen. War eine recht interessante Sache über den Forscher Sedov. Zurzeit machen wir 10 Knoten. Haben guten Wind von achtern und werden mit dieser Geschwindigkeit zu früh in Murmansk sein. Zum Nachmittagskaffee gab es Fisch in Öl. Hat mir gut geschmeckt und ich habe von Willy die Fische dazu bekommen, eine gute Unterlage für Abends!
Auf See, den 18.9.2000
Heute Nacht hatte einer der Steuerleute Geburtstag und es wurde in der großen Bar gefeiert. Wir waren auch einmal kurz unten, aber sind dann schnell wieder verschwunden, denn die Musik war ohrenbetäubend. John war auch noch anwesend und hat sich über die üblen Arbeitsbedingungen beklagt. Die alten Matrosen werden so langsam gegen Neue ausgetauscht und John hat das Problem, mit Leuten zu arbeiten die keine Ahnung haben. Die Kadetten sind auch noch in seiner Obhut und er hat nur Stress. Außerdem ist er urlaubsreif und träumt von Zuhause. Wenn er Zuhause ist verwöhnt er seine Frau. Sie bekommt Frühstück ans Bett und er versorgt auch den Haushalt.
Berni hat mit John schon wieder Platt gesprochen und er wird in diesem Zustand auch noch richtig laut und grässlich. Und er ist immer noch mit seiner Binnenschifffahrt zu gange. Heute Morgen hatten wir Tromsoe querab. Rudi hat heute Morgen die Schiffsinformation etwas später ans Brett gebracht. Es wurden auch Wale gesichtet. Ich habe noch keine gesehen, denn im U-Boot sind keine Bulleyes. Das Wetter ist gut und wir haben immer noch achterlichen Wind aus SSW. Leider waren wir zu weit vom Land entfernt und konnten nicht telefonieren. Die Kadetten haben ihre Prüfungen und sitzen vor den Klassenräumen. Zur Zeit gammeln alle. Es regnet und sie haben die Segel vorgeholt. Auf See, den
19.9.2000
Gestern Abend haben wir mit fast allen Trainees ein Feierabend-Bier getrunken. Mit Rudi haben wir dann bis 03:00 Uhr die Stellung gehalten. Heute Morgen war ich vor dem Wecken auf, aber mir war noch etwas schwindlig und ich bin wieder zurück in die Koje gefallen. Sie haben Yvonne erzählt, dass ich gerne Brei mag und sie soll doch den Brei an meine Koje bringen. Nur sie wusste nicht, dass ich das Zeug nicht esse. Sie hat es auch gemacht und hinterher war das Gelächter groß. Heute Mittag sind wir in der Nähe des Nordkaps und sollen Abends dort sein. Ich habe das erste Mal meine Regenjacke angezogen und bin an Deck. Zuerst war das Wetter nicht so freundlich mit uns. Es gab Regen vermischt mit Eis. Zum Mittag gab es Fischsuppe und Schnitzel à la Russia. Das Ganze kam recht gut an! Mit der Telefonie wird es wohl auch klappen. Hatte schon ein Netz und wenn wir dichter dran sind, haut es wohl auch hin. Yvonne lernt an Hand des Heftes, das sie von den Russen hat, Deutsch, Russisch und Englisch. Es sind meistens Begriffe aus der Seefahrt, die sie da lernt. Hat auch ständig was zu fragen und zu erzählen, dabei ist es Wurst, ob man am Tisch sitzt und schreibt oder sonst was macht. Sie will quatschen und fertig! Langsam müssen wir an Rudis Geburtstag denken und uns schonen. Es könnte heftig werden. Nach dem Nachmittagskaffee haben wir dann das Nordkap, und Viktor ist bis auf fünf Meilen unter Land gegangen. Wettermäßig ist es im richtigen Augenblick in Ordnung. Der Regen hat aufgehört und es ist bestes Licht für die Kamera. Es sind alle an Deck, die Damen der Steuerleute, Vitali der Maler und die Kadetten. Begrüßt werden wir von norwegischen NATO-Tornados, die uns mehrmals überfliegen. Auch mit dem Maler kann ich ein paar Worte wechseln. Er steht an Deck und macht Skizzen, Fotos und Videoaufnahmen. Morgen Abend will er uns seine Bilder zu diesem Thema zeigen und auch verkaufen. Nur es gibt ein Problem: man kann die Bilder schlecht im Flieger mitnehmen. Mit Ulla konnte ich auch reden. Auch Dieter hatte ich am Telefon, nur die Verbindung riss ab. Ewald war nicht erreichbar. Heute Abend ist zur großen Nordkap-Fete geladen. Auf See, den
20.9.2000
Es war eine richtige Fete geworden. Yvonne brachte Rudi ein wenig in Erregung. Sie wollte eine Flaschenpost abschicken und nervte die ganze Runde bis Rudi wild dazwischen fuhr. Heute morgen um 10:00 Uhr ging es mir noch gar nicht gut. Ob ich wohl in die Koje zurück soll? Willy hat mir heute morgen das Frühstück an die Koje gebracht. Es wird mir schon richtig peinlich! Und Abends in der Destille. Kluge Debatten! Auf See, den
21.9.2000
Draußen ist klare kalte Luft und die Sonne scheint. Haben guten Wind und die Sedov liegt leicht nach Steuerbord. Das Schiff bewegt sich etwas heftig und wenn die Rudergänger nicht aufpassen läuft das Schiff aus dem Ruder und bewegt sich mehr von Backbord nach Steuerbord. Gestern liefen wir noch in Richtung Murmansk, wären aber zu früh dort und haben den Kurs nach Norden geändert. In Richtung Bäreninsel, Spitzbergen. Laufen momentan genau 0°. Am dritten Mast ist bei einem Segel die Naht gerissen und die Kadetten haben es vorgeholt. Gegen 15:30 Uhr haben wir wieder gedreht und laufen in Richtung Murmansk. Wir waren zu weit nach Norden gekommen und aus dem Bereich des Navigationssatelliten. Wir waren aus der Seekarte hinaus gesegelt und somit verschwunden für den Rest der Welt.
Dies war ein neuer Rekord, denn das war die nördlichste Position die die Sedov jemals erreicht hatte. Die Karte auf der Brücke reichte nicht mehr.
Heute Abend müssen wir auf Lores Geburtstag anstoßen. Wir haben Order bekommen, nicht so viel auf sie anzustoßen, da Sie ja älter geworden ist. Abends im Lenin-Raum haben wir ein Glas mit Wodka in die Mitte des Tisches gestellt und bei jedem Zuprosten, stießen wir auch mit Lore in der Mitte an. Ab Mitternacht hatten wir dann Rudis Geburtstag zu fassen. Die richtige Feier wird dann Abends sein.
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